2019 – Die Alpenüberquerung

Die Kegel auf dem E5 – Tortur-Tagebuch

1. Tag: Spielmannsau-Kemptener Hütte

Fabian Marcus, der singende Zugbegleiter, bringt uns sicher mit dem Zug nach Oberstdorf. „Ich komm zu spät zu Dir, aber das lag nur am Nahverkehr“-singend steigen wir ins Taxi und lassen uns 15 Minuten Horrorgeschichten erzählen. 15 Tote in der Saison, allein auf der bayerischen Seite der Alpen, da hat jeder von uns kurz einen Rundflug im Gummisack vor dem geistigen Auge. Aber ein Kegel schockt das nicht.

In Spielmannsau geht es dann los. Und nach nicht mal 15 Minuten ist uns warm. Uwe setzt sich mit Alex an die Spitze, Jörg und Henki folgen mit wachsendem Abstand – eine Aufstellung, die sich während der gesamten Wanderung bewährt.

Der erste Gletscher wird erreicht, das erste Wasser fällt vom Berg und der erste Depp in Flip-Flops zieht an uns vorbei -zumindest Uwe und Alex werden die Kemptener Hütte aber vor ihm erreichen.

Irgendwann schiebt sich dann die Kemptener Hütte ins Bild. In Alex Kopf singt es, möglicherweise auch wegen eines mühsam mit Tabletten unterdrückten Infekts in diesem Moment „Freude schöner Götterfunken!“.

Auf der Hütte dann Alpen-Massentourismus, wobei „gar nicht so viel los ist“, wie uns eine junge attraktive Kellnerin in einem längeren Gespräch versichert. Prima, geil und durstig sind die Kegel schon jetzt – blöderweise müssen wir erstmal über die Berge rüber.

Das Matratzenlager (Vier Kegel auf 1,80m – SCHWITZ!) ist da das beste Gegenmittel. Gut geschlafen hat wohl keiner so richtig, wobei Uwe in dieser Nacht wohl den leichtesten Schlaf hat, was er Jörg morgens um fünf ungewohnt ruppig mitteilt.

2. Tag: Kemptener Hütte-Memminger Hütte

Am nächsten Morgen fühlen sich trotzdem alle halbwegs fit. Nach einem kurzen Aufstieg und der Überquerung der Österreichischen Grenze auf dem Berggrat steigen wir in Richtung „längste Hängebrücke Österreichs!“ ab. Alle freuen sich drauf, besonders Jörg….und obwohl Alex vor ihm hergeht und wippt, schaffen alle die Überquerung.

Unten bricht dann ein Regenschauer über uns herein. Wir dödeln zu lange im Restaurant rum, entschließen uns dann, die ca. 3 Stunden bis zum Aufstieg auf die Memminger Hütte zu laufen.

Dort unten am Berg angekommen müssen wir feststellen, dass der Materialaufzug grade leider durch den Bier- und Fressalien-Lieferanten besetzt ist. Also geht es mit Rucksack den steilen Aufstieg hoch….hier lassen wir alle so richtig Kraft. Vor allen Dingen Alex und Henki kommen ziemlich fertig oben an; beide haben tagsüber einfach zu wenig gegessen. Nachdem sich beide ein Abendessen reingezwängt haben, geht es bei beiden aber etwas besser. Warum auf den Hütten um 22.00 Uhr Feierabend ist, wird aber allen Kegeln langsam klar….

3. Tag: Memminger Hütte-Zams

Heute Nacht hatte Henki die schlechte Nacht. Der morgendliche Aufstieg zur Seescharte ist nicht ohne, macht aber wegen der Ausblicke Riesenspaß. Der Schritt über die Scharte ins Sonnenlicht des gegenüberliegenden Bergrückens macht dann aber so richtig Spaß und entschädigt für vieles. Nun geht auf den Abstieg von 3000 Höhenmetern runter ins Zamser Loch. Die einen freuen sich, dass der Infekt vollständig überwunden ist, der andere leidet und leidet und leidet sich ins Tal. Aber echte Kegel stehen zusammen und so finden wir ab der Pause auf der Oberlochalm gemeinsam den Weg ins Tal. Die Seilbahn zur Zamser Schihütte erreichen wir noch und so genießen wir am Abend das Leben wie die Könige…ein eigenes Zimmer! Getrennte Betten! Eigenes Scheißhaus! Eigene Dusche mit grenzenlos warmem Wasser! Und: WLAN!! Geiler Scheiß! Henki freut sich so sehr über das eigene Zimmer, das er direkt nach dem Essen um 8 in den Sack haut.

4. Tag: Zams – Wenns

Es könnte besser sein. Alle merken, was sie die letzten drei Tage getan haben. Aber die alte Kegelregel lautet ja: ab dem vierten Tag wird es besser. Und zumindest für Uwe und Alex gilt das auch. Trotzdem dauert der Aufstieg durch die ziehenden Wolken auf den Venet länger als gedacht und vor allem der Abstieg über die Venetalm zieht sich mächtig. Da stünde dann unten noch eine Busfahrt an, aber weil Samstag ist, fahren die Busse nur selten. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit, eines angesagten Gewitters und des ingesamt nicht idealen Zustands beschließen wir, in Wenns einen halben Tag zu pausieren (wie gesagt: „Plastiksack am Hubschrauber…!“).

Und in Wenns lacht uns das Kegelglück! 20 m vom Ort unseres Beschlusses entfernt finden wir ein Hostel, eine Kneipe, ein Restaurant und einen Supermarkt! Im Hostel beziehen wir eine wirklich wunderbare Ferienwohnung (WLAN!), holen uns ein paar Bier für die Sportschau und essen danach ein vorzügliches Schnitzel. Alle Kegel fallen fröhlich ins Bett und zwei Kegel schlafen besonders schnell ein.

5. Tag: Wenns – Martin Busch-Hütte

Wie es weitergeht war am Abend davor eine längere Diskussion. Nicht, weil wir keinen Bock mehr hätten, sondern weil das mit den Bussen und den Wanderwegen gar nicht so einfach ist. Wir entscheiden uns nach Rücksprache mit dem Hostel-Wirt für die Busfahrt über Sölden nach XY und gehen von dort in aller Ruhe zur Martin-Busch-Hütte. 5 Minuten vor der Hütte endet der Handy-Empfang, was einige Daheimgebliebene in höchste Sorge versetzt. Wir hingegen lassen es uns gut gehen und der Hüttenwirt erweist sich als besonders geschäftstüchtig(„Noch einen Zirbenschnaps?“). Jörg bekommt als Belohnung für sein alkoholinduziertes Schnarchen nachts ein Kissen von der Frau neben sich ins Gesicht – um ihr angemessen zu ihrem Hochzeitstag mit ihrem Mann, der ebenfalls neben ihr liegt zu gratulieren, wird morgens versöhnlich gefüßelt.

6. Tag: Martin Busch-Hütte – Vernagt (Meran)

Der höchste Punkt der Tour steht an und natürlich ist der Himmel völlig regenverhangen. Eine Tradition, die am Rennsteig begann und am Kandel fortgesetzt wurde, geht also weiter. Trotzdem ist der Aufstieg auf die Similaun-Hütte über ein kleines Schneefeld und der anschließende Abstieg ins Tal von Vernagt Höhepunkt und krönender Abschluss. In derbizarren Landschaft des Similaun sieht man kaum 100 m weit und hört gelegentlich, wie weit oben auf den Bergen Lawinen abgehen. Weiter unten im Tal wird es dann immer rutschiger und jeder nimmt ein bisschen Matsch mit, der eine mehr, der andere weniger….und schon sitzen wir auf einer Bank, genießen den Ausblick auf den Vernagter Stausee und trinken das erste Mal auf der gesamten Tour gemeinsam aus unseren Flachmännern. Jörg führt dann noch ein legendäres Telefonat mit zu Hause („Papppa! Soll isch et Dir dat nächste Mal schriftlich jeben?“). Mit dem Bus und dem Zug fahren wir dann über Naturns nach Meran, wo wir im Youth Hostel einfach, aber günstig und sauber unterkommen (Doppelzimmer, eigene Dusche, eigenes Scheißhaus – es ist ein Traum!).

Epilog (7. und 8. Tag) Meran – Schenna – Ifinger – Parkbank – Schwimmbad – München – Ende

Am nächsten Tag schlägt der Lager-Koller nach 6 Tagen aufeinander bei allen etwas zu und so entscheiden wir uns instinktiv für eine individuelle Tagesgestaltung. Alex zieht es nochmal auf die Berge und er spaziert mit Turnbeutel, einem Wanderstock und dem Gefühl Reinhold Messner zu sein über Meran 2000 auf den Kleinen Ifinger, wo er sich köstlich über die hochausgerüstet schnaufenden Tageswanderer amüsiert und Weisheiten für junge Bergwanderer parat hat. Uwe fährt nach Schenna um alte Erinnerungen aufzufrischen. Henki und Jörg bleiben in Meran, wo sie erst in die Kirche gehen, dann an einer Stadtführung teilnehmen und am Ende auf einer Parkbank landen. Das Leute-gucken wird Henki dann aber doch zu seniorig und er geht noch schwimmen. Abends treffen wir uns wieder, erzählen uns von unseren Erlebnissen und essen köstliche Meraner Spezialitäten.

Der nächste Morgen ist dann schon der Tag der Heimreise. Nachdem wir Mitbringsel (z.B. bunte Nudeln) und Proviant für die Fahrt (z.B. eine Flasche Rotwein) gekauft haben, erreichen wir mit den Flix-Bus nach nur drei Pass-Kontrollen München. Dort liegt der Augustiner-Biergarten auf unserem Weg – leider gibt es ab 17.00 Uhr nur noch eine ganze Maß Bier, oh nein! Nach Haxe, Würstl, oder was das Herz auch immer begehrt setzen wir uns in den Zug und sind ohne Verspätung gegen 23.00 Uhr zu Hause. Die Tour ging viel zu schnell vorbei – die Kegel haben die Alpen überquert!